Das Europäische Parlament hat heute seine Position zu dem Vorschlag für ein europäisches Lieferkettengesetz beschlossen. Nach Parlamentsposition müssen Unternehmen ab 250 Mitarbeitern und 40 Millionen Euro Umsatz weltweit künftig große Teile der Wertschöpfungskette auf Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards überprüfen. Bei Verstößen müssen Unternehmen Abhilfemaßnahmen einleiten. Der Beschluss des Europäischen Parlaments sieht außerdem weitreichende Vorgaben zur zivilrechtlichen Haftung vor, die weit über bestehende deutsche Regeln hinausgehen.
Angelika Niebler, oberbayerische Europaabgeordnete, sieht die Position des Europäischen Parlaments sehr kritisch: „Auch wenn ich das Ziel teile, nämlich Menschenrechte und die Umwelt besser zu schützen, halte ich den Parlamentsbeschluss für zu weitgehend. Weitaus mehr Unternehmen sind von den Vorgaben direkt betroffen sein, mehr als im deutschen Lieferkettengesetz. Zudem müssen die Sorgfaltspflichten entlang der ganzen Wertschöpfungskette eingehalten werden: beim Verkauf und Vertrieb, ebenso wie beim Transport, der Lagerung und der Entsorgung. Den Betrieben droht ein riesiger bürokratischer Aufwand, der vor allem unsere kleinen und mittelständischen Unternehmen überfordern wird. Das Gesetz trägt so nicht dazu bei, die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen zu stärken. Wir werden den Welthandel und die Situation der Menschen in bestimmten Regionen nicht verbessern, wenn sich europäische Unternehmen aus den betroffenen Regionen zurückziehen und aggressiven Mitbewerbern, etwa aus China, das Feld überlassen. Es bleibt also unklar, ob das Gesetz überhaupt zielführend sein wird.“
Das Europäische Lieferkettengesetz ist nur eines von vielen Gesetzen, die sicherstellen sollen, dass Unternehmen ihre Lieferketten nachhaltiger ausrichten. Durch die Richtlinie für die Nachhaltigkeitsberichterstattung und die Vorgaben der Taxonomie wird beispielsweise bereits Druck auf die Unternehmen für mehr Umweltschutz und Einhaltung der Menschenrechte ausgeübt.
In den Beratungen mit den anderen Fraktionen hat sich die Europäische Volkspartei außerdem dafür eingesetzt, dass in allen Mitgliedsstaaten gleiche Regeln für Unternehmen gelten, um Rechtssicherheit zu schaffen. Dafür wäre es notwendig gewesen, den Vorschlag für eine Richtlinie in eine Verordnung umzuwandeln. Durch die Vorschläge von Kommission und Parlament droht nun aber ein regulatorischer Flickenteppich, der die Unternehmen vor zusätzliche Herausforderungen stellen wird.
Mit dem Votum im Europäischen Parlament ist das Gesetz allerdings noch nicht beschlossen. Nun müssen sich zunächst die Mitgliedsstaaten und das Europäische Parlament auf eine gemeinsame Position verständigen.