Russlands brutaler Überfall auf die Ukraine hat Europa und die Weltpolitik in Rekordzeit verändert. Der Krieg ist zurück in Europa und die Auswirkungen werden uns noch lange beschäftigen. Er hat aber auch dazu geführt, dass die EU sich derzeit so geschlossen präsentiert wie selten. Für mich ist jetzt der richtige Moment, um unser gemeinsames Europa weiterzuentwickeln.
Mit dem italienischen Premierminister Mario Draghi haben wir im Europaparlament gerade darüber debattiert. Auch er hat sich für eine Reform der EU ausgesprochen. In der jetzigen Form können sich die europäischen Institutionen den Herausforderungen wie etwa Putins Politik nicht in angemessener Form stellen. Die Mitgliedsstaaten sollten deshalb mutig eine Neuorientierung in Betracht ziehen. Ein Reformthema ist für Draghi das Einstimmigkeitsprinzip. Bislang müssen alle EU-Staaten in außenpolitischen Fragen einen Konsens finden, was Entscheidungen oft verzögert oder verwässert.
Auch ich bin für die Einführung des Mehrheitsprinzips bei außen- und verteidigungspolitischen Fragen. Wir erleben es ja gerade überdeutlich beim sechsten Sanktionspaket gegen Russland, das von Ungarn und der Slowakei blockiert wird. Abhängig zu sein von einem Verbündeten Russlands, bei dem es sowieso Demokratieprobleme im Land gibt, bringt die EU in eine schwierige Situation. Die Abschaffung der Einstimmigkeitsregel wäre eine Lösung für diese Misere. Deshalb bin ich froh, dass das Plenum der Konferenz zur Zukunft Europas ebenfalls zu diesem Schluss gekommen ist.
Weitere wichtige Punkte einer Reform sind für mich, die Gründung einer echten europäischen Verteidigungsunion. Dazu brauchen wir unter anderem kompatibel ausgerüstete nationale Streitkräfte und einheitliche Kommandostrukturen. Häufig sind es vor allem die grenzüberschreitende Bürokratie und die fehlenden militärischen Schnittstellen, die gemeinsames militärisches Agieren erschweren.
Europäische Zusammenarbeit kann aber nur gelingen, wenn die Bürger in der EU uns ihr Vertrauen schenken. Dafür müssen wir die europäische Demokratie verbessern. Ich stimme dem Plenum der Konferenz zur Zukunft Europas zu: Das Europäische Parlament muss als einziges direkt gewähltes Organ der EU ein Initiativrecht haben!
Jetzt müssen wir Nägel mit Köpfen machen und einen Konvent für Vertragsänderungen einberufen!