Ungarisches Homosexualität-Gesetz verstößt laut EU-Kommission gegen grundlegende EU-Werte / EU-Kommission muss Rechtsstaatskonditionalität endlich anwenden
Zur heutigen Aussprache über Rechtsstaatlichkeit und Grundrechte in Polen und Ungarn erklären Daniel Caspary (CDU), Vorsitzender der CDU/CSU-Gruppe, und Angelika Niebler (CSU), Co-Vorsitzende der CDU/CSU-Gruppe und Vorsitzende der CSU-Europagruppe:
„Grundrechte sowie die Prinzipien des Rechtsstaats bilden das Fundament der Europäischen Union. Alle Mitgliedstaaten müssen diese Werte respektieren. Wir stehen für ein Europa der Freiheit und der Toleranz. In der EU kann es keinen Platz für Diskriminierung und Gesetze geben, die sich gegen die Grundfreiheiten der Menschen richten. Grundrechte sind nicht verhandelbar.
Das neue ungarische Gesetz, das die ‚Darstellung und Förderung von Homosexualität‘ verbietet und Homosexualität in einen Kontext mit Kinderpornografie stellt, verstößt laut EU-Kommission gegen grundlegende Werte der EU und diskriminiert Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung. Wir unterstützen deshalb die EU-Kommission, die von der ungarischen Regierung eine Erklärung eingefordert hat.
Die seit Monaten blockierten Artikel-7-Verfahren gegen Ungarn und Polen zum Schutz der Rechtsstaatlichkeit sind ein stumpfes Schwert. Umso wichtiger ist es, dass die EU-Kommission das neue Instrument der Rechtsstaatskonditionalität endlich anwendet. Die sich laut Presseberichten abzeichnende Weigerung der Kommission, den ungarischen Plan für die Verwendung der EU-Corona-Hilfen zu bewilligen zeigt, dass Europa es ernst meint mit der Verteidigung der Rechtsstaatlichkeit. Nur wenn ausreichende Garantien gegen eine missbräuchliche Verwendung der Gelder da sind, können die EU-Corona-Hilfen fließen.“
Hintergrund:
Am 15. Juni verabschiedete das ungarische Parlament ein Gesetz, das noch vom Präsidenten unterzeichnet werden muss und das die „Darstellung und Förderung von Homosexualität“ oder Transgender in Schulen, Filmen und Werbung verbietet. Das Gesetz wurde weithin als diskriminierend kritisiert. 16 EU-Staats- und Regierungschefs, darunter Angela Merkel und Emmanuel Macron, unterzeichneten vor dem Juni-Gipfel einen offenen Brief, in welchem sie vor einer „Bedrohung von Grundrechten, insbesondere des Grundsatzes der Nichtdiskriminierung auf der Grundlage sexueller Orientierung“ warnen.
Die Verordnung für einen Konditionalitätsmechanismus, mit welcher Rechtsstaatsverstöße in den Mitgliedstaaten durch die Streichung von Fördermitteln geahndet werden können, ist seit Januar 2021 in Kraft. Da die EU-Kommission das Instrument noch nicht angewendet hat, hat Parlamentspräsident Sassoli am 23. Juni den ersten Schritt (Art. 265 TFEU) in Richtung einer Untätigkeitsklage gegen die EU-Kommission eingeleitet. Voraussichtlich im Oktober wird der EuGH über die Nichtigkeitsklage Polens und Ungarns gegen die Konditionalitätsverordnung verhandeln.